Fast hätten die Älpler des Urnerbodens ihre Alpwirtschaft aufgeben müssen. Sie nahmen aber ein grosses Risiko auf sich und gründeten eine Alpkäserei. Jetzt können ihre Kühe im Sommer weiterhin auf satten Alpwiesen grasen.
Text: Julia Spahr
Bild: Reto Blunier
Der Urnerboden ist die grösste Kuhalp der Schweiz. Jeden Sommer werden auf dieses östlich vom Klausenpass gelegene Hochtal 1200 Kühe getrieben und von 48 Älplern versorgt und gemolken. Die Alpwirtschaft ist für die Urner Bauern sehr wichtig. Da die landwirtschaftliche Fläche im Kanton Uri in den Tälern klein ist, sind die Bauern darauf angewiesen, im Sommer auf die Alp zu gehen, um gute Erträge zu erreichen.
Ausserdem hat der Gang auf die Alp Tradition, und für manchen Älpler sei es wie eine Sucht, im Sommer z Alp zu gehen. «Manche nehmen Drogen, wir gehen auf die Alp.» Das sagt Toni Gisler, Präsident der Alpkäserei Urnerboden AG, anlässlich einer Medienkonferenz der Schweizer Berghilfe. Er erzählt, wie die Älpler selbst die Initiative ergreifen mussten, um die Alpwirtschaft auf dem Urnerboden langfristig zu sichern.
Schwierige Zeiten
Früher machten die Älpler aus ihrer Milch selbst Butter und Käse und vermarkteten diese Produkte privat über verschiedene Organisationen. Mitte der 50er-Jahre richteten sie eine Sammelstelle ein, zentrifugierten die Milch und verkauften Rahm. Das habe gut funktioniert, sagt Gisler, auch dank der grossen Unterstützung des Bundes. In den 90er-Jahren sei der Rahmabsatz aber nicht mehr gut gelaufen. Die Älpler haben deshalb einen grossen Teil der Milch direkt in die Industrie abführen lassen.
Mit der Aufhebung der Milchkontingentierung und der Öffnung des Käsemarkts spitzte sich die Situation extrem zu. Der Milchpreis war im Keller, und die Älpler merkten, dass sie eine Lösung brauchten, sonst hätte das Ende ihrer Alpwirtschaft gedroht.
Besserer Milchpreis
«2006 begannen wir deshalb, Vorabklärungen zu treffen, ob wir unsere Milch nicht auf dem Urnerboden in einer gemeinschaftlichen Käserei verarbeiten könnten», erzählt Gisler weiter. «Wir wollten unsere Wertschöpfung verbessern und unsere Milch zu guten Produkten verarbeiten.» Es wurde ein langer Prozess, der viele Behördengänge und Zusammenkünfte beinhaltete. Und sie waren auf Unterstützung angewiesen. Diese erhielten sie von der Korporation Urnerboden, vom Kanton Uri, vom Bund und von der Schweizer Berghilfe. Aber auch die Älpler seien finanziell gefordert gewesen. Bereits während der Vorabklärungen mussten sie Investitionen tätigen, ohne zu wissen, ob das Projekt überhaupt zustande kommen sollte.
Auch heute werde am Ende des Geschäftsjahrs geschaut, wie viel Milchpreis den Älplern ausbezahlt werden könne, damit die jährlichen Rückzahlungen (80000 Fr.) für den Investitionskredit, die Zinsen und Rückzahlungen der Bank und weitere Geldgeber sowie Rückstellungen gewährleistet werden könnten. Diese Abzüge seien eine Herausforderung für die Älpler, sagt Gisler. Der Preis habe 2014 aber trotz der Abzüge für den Kredit noch bei 65,5 Rappen gelegen, also deutlich über dem Industriepreis. Darüber hinaus sei der Kredit in 20 Jahren abbezahlt. Und die Älpler können weiterhin auf die Alp. Als am 7. Juni 2014 die Alpkäserei Urnerboden in Betrieb genommen werden konnte, war das deshalb ein erfreulicher Tag.
Alpkäserei Urnerboden
Bereits die erste Saison sei gut gelaufen, sagt der Käsermeister der Alpkäserei Urnerboden, Martin Stadelmann. Er erzählt, dass im ersten Sommer 960000 Liter geliefert worden seien und die Hälfte davon verarbeitet werden konnte. Im darauf folgenden Sommer waren es bereits 65Prozent. Die Produktion solle aber stetig gesteigert werden, damit immer mehr Milch verarbeitet werden könne, so Stadelmann. Mit gutem Marketing und mehr Produktvielfalt sei das ein realistisches Ziel.
Erschien am 30. Januar 2016 im «Schweizer Bauer».